Mikromanagement ist nicht ihr Ding, stattdessen setzt sie auf intrinsische Motivation und den Mut, Neues auszuprobieren. Fiona Taylor, Leiterin Produktionsstrategie bei der BSH Hausgeräte GmbH (BSH), will mehr Frauen für die Produktion gewinnen, weil sie überzeugt ist, dass sie das Unternehmen voranbringen. Über ihre Motivation, ihre Erfahrungen und ihr Netzwerk „Women for Tech“ spricht sie in diesem Interview.
Frau Taylor, können Sie uns kurz Ihre Rolle und Ihren Verantwortungsbereich bei der BSH beschreiben?
Sehr gerne. Ich gehöre zum globalen Führungskreis der BSH. Gemeinsam mit meinem Team sorge ich dafür, dass die Produktion unserer sogenannten Weißen Ware, also Waschmaschinen, Kühlschränke & Co., an 22 Standorten und in 37 Fabriken weltweit optimal für die Zukunft aufgestellt ist. Unter anderem analysieren wir, wo wir welche Produkte in welchen Stückzahlen langfristig herstellen wollen, machen die Masterpläne für die Fabriken, planen die Kapazitäten und treiben die Kultur- und Kompetenzentwicklung in unserem Produktionsnetzwerk voran.
Was müssen Sie für diesen Job mitbringen?
Man muss in meinem Job strukturiert vorgehen und ein Grundverständnis für komplexe technische Themen haben. Ich muss verstehen, was unsere Expertinnen und Experten tun, damit ich auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren kann, und gleichzeitig Themen auf den Punkt für unsere Geschäftsführung bringen. In meinem Team haben fast alle einen Ingenieurshintergrund. Ich selbst bin Chemikerin und habe als Naturwissenschaftlerin gelernt, wie man Probleme strukturiert löst. Das hilft mir bis heute.
Sie setzen sich dafür ein, dass das Unternehmen mehr Frauen für die Produktion gewinnt. Wie ist die Lage derzeit?
Es ist ein Umfeld, das oft noch sehr hierarchisch und männlich geprägt ist. Frauen müssen hier ihre Kompetenz erst beweisen und Akzeptanz gewinnen. „Unconscious Bias“, also unbewusste Denkmuster, ist ein großes Problem. Zusätzlich ist es eine große Herausforderung, Frauen überhaupt für die Produktion zu begeistern.
Welche besonderen Fähigkeiten bringen Frauen mit?
Sie sind meist sehr gut darin, Dinge kritisch zu hinterfragen und zu abstrahieren. Das ist zum Beispiel bei der Auswertung von Produktionskennzahlen wichtig. Sie bringen neue Perspektiven ins Team und sind gut darin, Themen auf die Straße zu bringen. Vielleicht, weil sie oft mehr den Gesamterfolg als ihren persönlichen Karriereerfolg im Blick haben. In der Produktion hat man rund um die Uhr mit vielen Menschen auf dem Shopfloor und in den Fabriken zu tun. Meine Wahrnehmung ist, dass Frauen hier einen exzellenten Job machen, um diese Menschen zu führen und mitzunehmen. In ihren jeweiligen Rollen sind sie dann natürlich auch Vorbilder für andere Frauen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass Frauen und ihre Fähigkeiten ein immenser Gewinn für das gesamte Unternehmen sind.
Welche Hindernisse stehen ihnen im Weg?
Das Thema Unconscious Bias habe ich bereits angesprochen. In technischen Bereichen wie der Produktion haben Frauen oft ein doppeltes Akzeptanzproblem, wenn sie – wie ich – nicht nur Frau, sondern auch noch keine Ingenieurin sind. Die Offenheit für Fachfremde ist heute oft noch begrenzt. Frauen werden anders bewertet als Männer und müssen ihre technischen Kompetenzen immer erst unter Beweis stellen. Auch Familie und Kinder können Frauen hierzulande noch immer zurückwerfen, ebenso wie Teilzeitarbeit, die oft eine Folge des Vereinbarkeitsproblems ist.
Wie kann man Teilzeit in Ihrem Umfeld erfolgreich gestalten?
Es gibt heute noch wenige Beispiele im Fertigungsumfeld, dass Frauen in Teilzeit erfolgreich ihre Karriere gestalten. Ich bin davon überzeugt, dass Teilzeit kein Abstellgleis sein muss. Hier brauchen wir weiterhin gute Lösungen wie Job-Sharing und Home-Office-Möglichkeiten – auch in der Produktion. Offenheit und Mut, das auszuprobieren, sind gefragt. Ich sehe aber schon einige positive Beispiele, wo neue Wege möglich gemacht werden.
Was muss passieren, um den Zugang für Frauen in die Tech-Welt zu verbessern?
Wir müssen unser Awareness-Problem lösen, das heißt vor allem die männlichen Führungskräfte auf allen Ebenen für die besonderen Herausforderungen von Frauen sensibilisieren. Das Management muss Frauenförderung treiben. Es braucht Führungspersönlichkeiten, die offen sind für Fachfremde, für durchlässige Funktionen, für eine andere Fehlerkultur und die es Frauen mit ihrem Führungsstil zutrauen, in der Produktion einen guten Job zu machen. Hier sehe ich tolle Bereiche bei uns im Unternehmen, die das tun, und wir sehen den Wandel schon an der Zahl der Frauen in Führungspositionen. Wir brauchen aber auch mehr „Role Models“ und wir müssen die Kommunikation und Vernetzung von Frauen in der Produktion stärker fördern.
Sie haben ja inzwischen auch ein globales Frauen-Netzwerk ins Leben gerufen.
Das ist richtig. Wir haben es „Women for Tech“ genannt, aber es geht über den Produktionsbereich hinaus. Wir wollen Menschen bereichs- und standortübergreifend zusammenbringen, die intrinsisch motiviert Frauenförderung vorantreiben wollen. Wir wollen gemeinsam Problemfelder analysieren, Herausforderungen benennen, Lösungen aufzeigen und die Veränderungen, die wir anstoßen, auch nachverfolgen.
Wie ist die Resonanz auf Ihre Initiative?
Wir hatten im März unsere Kick-off-Veranstaltung mit über 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern von 22 Standorten aus neun Ländern. Das heißt, alle Produktionsstandorte haben sich vor Ort beteiligt und wir haben diese lokalen Gruppen online zusammengeschaltet. Der Start war sehr erfolgreich. Jetzt müssen wir das Pflänzchen weiter gießen.
Wie ist das Netzwerk organisiert?
Wir arbeiten auf zwei Ebenen. Zum einen haben wir die volle Unterstützung von unserem Top Management. Zum anderen hat jeder Produktionsstandort auf der Welt sein eigenes lokales Netzwerk, denn jede Region hat ihre spezifischen Themen und Herausforderungen. Wir orchestrieren diese lokalen Initiativen, geben Impulse in die lokalen Gruppen und treiben vor allem das Thema „Awareness“ voran. Wichtig ist, dass wir global sichtbar werden. Das Ganze muss sich jetzt einspielen.
Worauf kommt es an, wenn man ein solches Netzwerk verstetigen will?
Unser Netzwerk steht und fällt mit der Motivation der Beteiligten vor Ort und auch mit der Zeit, die sie investieren. Aber wir merken schon: An den Standorten, an denen sich auch das Senior Management aktiv beteiligt, kommt das Netzwerk besser in Schwung als an den Standorten, an denen die Führungskräfte zwar nichts dagegen haben, sich aber auch nicht aktiv einbringen.
Wie sieht für Sie das Führungsbild der Zukunft aus?
Ich setze auf intrinsische Motivation statt auf Mikromanagement und ich hoffe, dass wir in Zukunft nicht mehr über Frauen in Führungspositionen diskutieren, sondern dass es normal ist, dass man sie für genauso fähig hält wie Männer. Ich wünsche mir, dass Frauen sich nicht mehr durchbeißen müssen, sondern an ihren Kompetenzen und Leistungen gemessen werden. Und zu guter Letzt: Wir brauchen diverse Führungsteams. Denn sie treffen bessere Entscheidungen, verbessern das Arbeitsklima und die Ergebnisse für das gesamte Unternehmen.