Foto: © Marina Maier

Nachhaltigkeit ist ein Thema
mit „Drive“:
Ein Erfahrungs­bericht von
Dr. Marina Maier

Marina Maier ist seit 2021 für das Nachhaltigkeitsmanagement bei der Atruvia AG verantwortlich. Beim Digitalpartner der Volksbanken und Raiffeisenbanken hat das Thema an Fahrt aufgenommen. Nachhaltigkeit ist ein strategisches Ziel geworden, die Umsetzung eine ganzheitliche Aufgabe. Die promovierte Mathematikerin berichtet von ihren Erfahrungen und erklärt, worauf es ankommt.

Ganzheitliche Aufgabe

Nachhaltigkeitsmanagement wird in der Tech-Ökonomie immer wichtiger. Kein Unternehmen wird am Markt bestehen können, wenn es Nachhaltigkeit nicht zur Chefsache macht. Dabei geht es um weit mehr als um die Effizienz stromfressender Rechenzentren, die Vermeidung von Datenmüll oder die Entwicklung nachhaltiger Codes und barrierefreier Apps. Nachhaltigkeit ist eine ganzheitliche Aufgabe, die alle Bereiche eines Unternehmens betrifft und mittlerweile nicht nur die klassischen Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales adressiert, sondern auch die Governance. Für Atruvia jedenfalls ist Nachhaltigkeit auch eine Frage der Unternehmenskultur.

Voraussetzungsvoll und vielfältig

Vor drei Jahren bin ich hier als „Principle Expert Sustainable Culture“ gestartet. Es ist eine voraussetzungsvolle und unglaublich vielfältige Aufgabe – anstrengend, aber toll. Kein Tag ist wie der andere. Mein Kollege und ich treiben Nachhaltigkeit auf strategischer Ebene voran, übersetzen, was Nachhaltigkeit für die einzelnen Fachbereiche bedeutet, identifizieren, welche Aufgaben auf das Unternehmen zukommen, und sensibilisieren die Kolleginnen und Kollegen. So stellen wir die Weichen für die Umsetzung in der gesamten Organisation. Das machen wir im Tandem. Mein Kollege schaut dabei mehr in Richtung „wie können unsere Kunden und die Stakeholderinnen und Stakeholder nachhaltig sein“, ich bringe meine fachliche Expertise viel in interne Themen ein.

Karriere als Nachhaltigkeitsexpertin

Eigentlich zieht sich Nachhaltigkeit wie ein roter Faden durch meine Karriere. Ich habe meinen Bachelor in Umwelt- und Verfahrenstechnik gemacht, meinen Master in Umweltwissenschaften, dann über Ökobilanzen promoviert und drei Jahre als Postdoc am Karlsruher Institut für Technologie im Think Tank für industrielle Ressourcenstrategien gearbeitet. Ich war also gut gerüstet für meine neue Aufgabe bei Atruvia. Dennoch erlebe ich, wie die Herausforderungen immer komplexer werden. Um sie zu meistern, braucht man nicht nur Fachkompetenz. Man muss auch in der Lage sein, das Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure im Unternehmen zu managen.

Viele Handlungsfelder 

Denn es gibt kaum einen Bereich, bei dem Nachhaltigkeit in Zukunft, aber auch schon aktuell keine Rolle spielt – von den Entwicklungsteams und den Rechenzentren über den Vertrieb und das Facility Management bis hin zur Personalabteilung. Die Themenvielfalt ist riesig. Mit der Fachabteilung sorgen wir zum Beispiel dafür, dass Bauprojekte so gestaltet werden, dass sie einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck haben. Wir arbeiten an neuen Mobilitätskonzepten. Stellen wir die Dienstwagenflotte direkt auf E-Antrieb um oder gibt es Möglichkeiten, auch ohne den klassischen Dienstwagen mobil zu sein? Verzichten wir auf Inlandsflüge? Es geht um klimaneutrales Banking, um die Auswahl der Produkte für unsere Kantine und um geeignete Kompensationsmaßnahmen. Vor kurzem waren wir mit einem diversen Team zum ersten Mal auf der LGBTQ-Jobmesse in Köln und haben uns dort als Arbeitgeber präsentiert. Denn auch Diversität ist ein Handlungsfeld für Nachhaltigkeit.

Harter Business Case

Insgesamt bekommt das Thema gerade einen neuen „Drive“. Das liegt auch daran, dass ab dem Berichtsjahr 2025 die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive für uns in Kraft tritt. Nachhaltigkeitsberichte sind dann nicht mehr freiwillig. Wir müssen in unserem Lagebericht für acht Handlungsfelder nachweisen, dass und wie wir sie nachhaltig gestalten. Nahezu alle Aktivitäten im gesamten Konzern kommen damit auf den Prüfstand und werden von Wirtschaftsprüfern begutachtet. Der Vorstand haftet persönlich für die Richtigkeit der Angaben. Allein im Personalbereich geht es um rund 200 Nachhaltigkeitsaspekte, deren Umsetzung wir beschreiben müssen. Nachhaltigkeit ist also zu einem harten Business Case geworden, zu einem strategischen Ziel, das wir mit nachvollziehbaren Maßnahmen unterlegen müssen – und das neben unserem eigentlichen Kerngeschäft.

Gesellschaftliche Verantwortung

Wenn man sich das vor Augen hält, ist klar: Wir brauchen die ganze Firma. Aber um die Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen, müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten, komplexe Fragestellungen noch besser herunterbrechen – auch wenn schon viele im Boot sind. What is in it for me? Diese Frage stelle ich ihnen immer. Natürlich. Auch die Regulatorik treibt Nachhaltigkeit voran. Sie öffnet viele Türen, die bisher verschlossen waren. Ich bin aber auch überzeugt, dass wir als Atruvia, als ein Finanzdienstleister, der den Genossenschaftsgedanken, die Idee von Solidarität und Gemeinschaft quasi in seiner DNA hat, unglaublich viele Menschen erreichen und den Nachhaltigkeitsgedanken weitertragen können. Das ist eine große Chance. Das bedeutet aber auch: Wir haben eine Vorbildfunktion in Sachen Nachhaltigkeit und wir tragen eine gesellschaftliche Verantwortung.